Dichtung im Film
Die Hölderlin-Edition von Harald Bergmann
epd Film - Das Kinomagazin 3/2013
Der Autor und Regisseur Harald Bergmann nimmt für den deutschen Film eine einzigartige Stellung ein. Er vertritt unbeirrbar die Überzeugung, dass die Möglichkeiten des Films dazu genutzt werden können, sich auch mit schwieriger Literatur produktiv auseinanderzusetzen. Aus der Beschäftigung mit der Dichtung Friedrich Hölderlins ist so über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren ein monumentales Werk entstanden, das durch diese DVD-Edition jetzt wieder zugänglich geworden ist.
Sie umfasst vier Filme, die zwischen 1992 und 2003 fertiggestellt wurden. Den zunächst als Trilogie geplanten Filmen fügte Bergmann mit »Passion Hölderlin« (2004) einen einstündigen Fernsehfilm hinzu, der sich, obwohl zuletzt entstanden, gut als Einführung in das Projekt eignet: Sechs »Hölderlin Addicts« aus verschiedenen Disziplinen geben darin Auskunft darüber, worin die Faszination des Dichters für sie besteht.
Die ersten Arbeiten LYRISCHE SUITE. DAS UNTERGEHENDE VATERLAND (1992) und HÖLDERLIN COMICS (1994) sind essayistische Filmcollagen, die eng den Texten Hölderlins folgen. Nicht selten sperrig und zuweilen den Zuschauer überfordernd, gelingt es den Filmen doch, sich mit großem Einfallsreichtum und einer Vielzahl filmischer Strategien der Mehrdimensionalität der Texte Hölderlins anzunähern. Die Aufmerksamkeit gilt in den ersten Filmen vornehmlich der Dichtung Hölderlins, biografische Einzelheiten treten zurück. Erst der letzte Teil, SCARDANELLI (2003), geht mehr auf Einzelheiten der Biografie ein und kommt am ehesten in die Nähe eines klassischen Spielfilms. Bei der Rekonstruktion der langen Jahre Hölderlins im Tübinger Turm gibt der Schauspieler Andre Wilms eine eindringliche Studie des verwirrten Dichters, der tagelang Klavier spielte, zeichnete, auch noch dichtete und darauf bestand, nicht Hölderlin, sondern Scardanelli zu heißen. Ergänzt werden die Filme durch ein umfangreiches Materialienarchiv auf DVD und einen Band mit allen Texten.
